Die Effizienz kieferorthopädischer Behandlungen bei Kindern und Jugendlichen mit infantiler Zerebralparese

Ein Wissenschaftsbeitrag aus der PI 1/2012 von Lena Musaick (Kieferorthopädische Fachpraxis, Köln), Kirsten Staufe (Zahnärztliche Gemeinschaftspraxis, Geldern), Rolf Hinz (Abteilung für Kieferorthopädie, Universität Witten/Herdecke),

Summary

Aim: To study the need, the possibilities, and the efficiency of orthodontic treatment in children and adolescents with cerebral palsy (CP). Patients and methods: The files of 160 children and adolescents (age: four to 20 years) diagnosed with CP who were treated at the Department of Orthodontics of the University Witten/Herdecke (Germany) between 1996 and 2008 were evaluated. Additionally, the initial and final study models of 94 treated patients were analyzed. Results: These patients showed a high prevalence of sagittal, transversal and vertical malocclusion symptoms. Most frequent were Angle Class II, overjets >6 mm, spacing of the maxillary front teeth and crowding of the mandibular anterior teeth. 81.9% presented orofacial disorders. 58.8% of the total 160 patients received orthodontic treatment. A comparison of the initial and final study models revealed a reduction of all malocclusion symptoms including an increase of Angle Class I. The average treatment duration was 5.6 years. With regard to appliances, removable ones were preferred. However, a balanced occlusion was more efficiently achieved with fixed braces which were preceded or followed by removable appliances.

Conclusion: Due to a high prevalence of sagittal, transversal and vertical malocclusion symptoms orthodontic treatment for children and adolescents with CP and other orofacial disorders with ensuing chewing, swallowing and speaking problems is indicated and can be carried out efficiently.

Zusammenfassung

Ziel: Der Behandlungsbedarf, die Behandlungsmöglichkeiten und die Effizienz der kieferorthopädischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit infantiler Zerebralparese (CP) sollten beurteilt werden. Patienten und Methode: Ausgewertet wurden die Karteikarten von 160 Kindern und Jugendlichen (Alter: 4-20 Jahre) mit CP, deren Beratung bzw. Behandlung zwischen 1996 und 2008 in der Abteilung für Kieferorthopädie der Universität Witten/Herdecke erfolgte. Außerdem wurden die ersten und letzten Kiefermodelle der 94 kieferorthopädisch behandelten Patienten analysiert. Resultate: Es zeigte sich bei dieser Patientengruppe eine hohe Prävalenz an sagittalen, transversalen und vertikalen Okklusionsanomalien. Besonders häufig traten dabei die Angle-Klasse II, die sagittale Frontzahnstufe >6 mm, der frontale Lückenstand im Oberkiefer und der frontale Engstand im Unterkiefer auf. Orofaziale Dyskinesien wurden bei 81,9 % der Patienten dokumentiert. 58,8 % der 160 Patienten wurden kieferorthopädisch behandelt. Im Vergleich der Erst- und Endmodellauswertung zeigte sich eine reduzierte Prävalenz aller Dysgnathiesymptome bei erhöhter Prävalenz der Angle-Klasse I. Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug 5,6 Jahre. Bei der Wahl des kieferorthopädischen Behandlungsgerätes wurden herausnehmbare Apparaturen bevorzugt verwendet. Das Behandlungsziel der Angle-Klasse I ohne sagittale, transversale und vertikale Anomalien wurde jedoch effektiver durch die Therapie mit einer festsitzenden Apparatur (Multiband) erreicht, die von einem herausnehmbaren Gerät eingeleitet und/oder beendet wurde.

Schlussfolgerung: Die kieferorthopädische Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit CP ist aufgrund einer hohen Prävalenz der sagittalen, transversalen und vertikalen Okklusionsanomalien, der orofazialen Dyskinesien sowie der daraus resultierenden, weiteren Beeinträchtigung bereits bestehender, zerebral bedingter Störungen der Kau-, Schluck- und Sprechfunktion notwendig und kann erfolgreich durchgeführt werden.

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Titelbild von Michal Jarmoluk auf Pixabay