Kind oder/und Kittel? Die Vereinbarkeit von Familie und Heilberuf Was muss passieren, damit Zahnärzte, Ärzte und Apotheker Familie und Beruf besser vereinbaren können? Eine Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) ergibt: kompatible Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeitmodelle und Teilzeitangebote haben oberste Priorität.
Wie steht es um die Familienplanung der Heilberufler? Müssen sie sich zwischen Kind und Karriere entscheiden? Gibt es den richtigen Zeitpunkt für den Nachwuchs? Oder wie kann ein Arbeitsumfeld aussehen, in dem junge Heilberufler gerne arbeiten und das sie mit ihrem Familienleben gut vereinbaren können?
Kindererziehung: noch immer Sache der Frauen
Die Tatsache, dass immer mehr Frauen den Heilberuf ergreifen, führt dazu, dass das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer wichtiger wird. Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich, dass Frauen viel häufiger das Gefühl haben, sich im Laufe ihres Lebens zwischen Kind und Kittel entscheiden zu müssen. So bestätigen 42 % der befragten Heilberuflerinnen diese Aussage, bei den Männern waren es lediglich 18 %. Denn letztlich ist unter den Heilberuflern die Kindererziehung in den ersten Jahren noch immer eine Angelegenheit der Frauen: 87 % von ihnen nehmen Elternzeit, im Schnitt 14 Monate, bei Männern sind es lediglich 38 %, mit durchschnittlich nur drei Monaten.
Gefragt, inwieweit Heilberuflerinnen ohne Kinder gegenüber denen mit Kindern in Sachen Karriere bevorzugt werden, nehmen fast zwei Drittel aller Befragten eine Bevorzugung von Frauen ohne Kinder wahr. Gerade im Bereich der Humanmedizin, insbesondere unter den Hausärzten, stößt diese Aussage auf eine hohe Zustimmung (70 %). Offensichtlich nehmen dabei Männer häufiger eine Bevorzugung von kinderlosen Heilberuflerinnen wahr als Frauen selbst.
Problematisch: der Wiedereinstieg in den Beruf
Auch den Wiedereinstieg nach der Elternzeit offenbart die Studie als eine große Hürde auf dem Karriereweg. Zwei Drittel der Heilberufler sehen sich zu diesem Zeitpunkt mit fehlender Flexibilität konfrontiert. Die fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder stellen das zweitgrößte Hindernis beim Wiedereinstieg in den Beruf dar (62 %). Außerdem fallen laut der Befragten für 56 % fachliche Wettbewerbsnachteile sowie für 54 % finanzielle Aspek- te ins Gewicht. Auch emotionale Hürden (51 %) sowie die fehlende Unterstützung des Arbeitgebers (48 %) erschweren den Wiedereinstieg. Dabei sehen Frauen die Wettbewerbsnachteile, finanzielle, emotionale und gesellschaftliche Hürden sowie die fehlende Unterstützung des Partners häufiger problematisch als Männer.
Entscheidend sind Praxisform und Art der Berufsausübung
Je nach Fachrichtung sind die Möglichkeiten der Berufsausübung unterschiedlich, doch die Anstellung in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) wird durchgehend von der Mehrheit als die familienfreundlichste Option eingestuft: Bei Ärzten und Zahnärzten ist es mit 84 % bzw. 77 % die Anstellung in einer BAG oder einem MVZ. Bei Apothekern ist es die Anstellung in einer öffentlichen Apotheke (78 %).
Die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit im Krankenhaus hingegen sehen Heilberufler sehr kritisch, vor allem während der Assistenzarztzeit (18 %). Die Anstellung als Facharzt wird immerhin noch von 32 % als familienfreundlich wahrgenommen, während Oberarzt- und Chefarztstellen lediglich 24 bzw 27 % der Befragten als solche einstufen. Einen ähnlichen Wert (26 %) erhielt auch die Kategorie „Inhaber einer Einzelpraxis“.
Für deutlich familienfreundlicher halten die Heilberufler die Inhaberschaft von kooperativen Praxisformen wie der BAG oder dem MVZ. Diese berufliche Option steht auf Rang zwei, gleich nach der Anstellung in ambulanten Praxisformen, von 63 % der befragten Ärzte und von 59 % der befragten Zahnärzte als familienfreundlich eingestuft.
Kind und Kittel!
Für die Befragten sind eine kompatible Kinderbetreuung (92 %), die sich an den Arbeitszeiten der Heilberufler orientieren sollte, sowie flexible Arbeitszeitmodelle und Teilzeitangebote (90 %) die wichtigsten Anliegen. Aber auch Entlastung bei nichtärztlichen beziehungsweise nichtpharmazeutischen Tätigkeiten durch Delegation und Digitalisierung (76 %) sowie Jobsharing in Führungspositionen (70 %) werden von der Mehrheit der Befragten gewünscht.
Methodik
Die Online-Befragung wurde in Zusammenarbeit mit DocCheck Research im Frühjahr 2019 durchgeführt. Insgesamt wurden 500 Heilberufler, davon jeweils 125 Hausärzte, Fachärzte, Zahnärzte und Apotheker, die leibliche Kinder haben und zwischen 25 und 50 Jahren alt sind, befragt.