Machen Sie sich krumm – für Ihre Patienten?

Ergonomie im Fokus: Die meisten Zahnärzte handeln erst, wenn es (fast) zu spät ist

„Schmerz ist der beste Motivator“, sagt Jens-Christian Katzschner, seines Zeichens Zahnarzt und Ergonomieexperte. Doch warum handeln die meisten seiner Kollegen erst, wenn die Hände dauerhaft kribbeln und die Rückenschmerzen kaum noch auszuhalten sind? Eigentlich kann man da nur den Kopf schütteln (falls die Halswirbelsäule das mitmacht). Denn es ist nicht zu erklären, dass die Berufsgruppe, die sich so stark mit dem Thema Prävention – in Bezug auf die Mundgesundheit ihrer Patienten – beschäftigt, so wenig an sich selbst und den Erhalt der eigenen Arbeitskraft denkt. Man braucht nur einen Blick auf die Website der Bundeszahnärztekammer zu werfen. Dort steht in der Rubrik „Für Zahnärzte“ unter der Überschrift „Prävention und Gesundheitsförderung“ – wie zu erwarten – ganz viel über „präventionsorientierte Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“. Immer in Bezug auf die Patienten. Wer allerdings an gleicher oder anderer Stelle Tipps zur Gesundheitsförderung für Zahnärzte und ihre Angestellten vermutet, kann lange suchen. Schade eigentlich.

Warum das Thema Ergonomie offenbar ein Stiefkind der deutschen Zahnheilkunde ist und warum sich das ändern muss, erfahren Sie ab Seite 20 in unserem neuen Schwerpunkt „Ergonomie im Fokus“. Den Beginn macht ein Interview, in dem Zahnarzt Katzschner erklärt, wieso ihn die Ergonomie umtreibt und was er unternahm, als er selbst körperliche Probleme bei der Berufsausübung bekam. Kurz und kompakt liefert er Tipps, die jede Praxis berücksichtigen kann. Denn, so sagt er: „Was nützt den Patienten der beste Zahnarzt, wenn er nach drei Jahren nicht mehr kann?“

Dass es sich mit entspannten Patienten einfacher – und ergonomischer – arbeiten lässt, erfahren Sie auf Seite 25. Dr. Heinz-Michael Günther, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Ergonomie in der Zahnheilkunde, informiert hier in einem Artikel, welche Auswirkungen Stress auf Patient, Team und Behandler haben, und wie eine gelungene Kommunikation Abhilfe schaffen kann.

Welche Rechte und Pflichten ein Zahnarzt – auch als Arbeitgeber im Sinne der Fürsorgepflicht – in Sachen Ergonomie hat, erläutert Rechtsanwältin Anke Ebel auf Seite 27. Denn: Es existiert eine Vielzahl Verordnungen und Gesetze, die ein Mindestmaß an ergonomisch gestalteten Arbeitsplätzen fordern. 

„Was nützt den Patienten der beste Zahnarzt, wenn er nach drei Jahren nicht mehr kann?“


Dass „gelebte Ergonomie viel mehr ist als ein gesunder Rücken und systematische Halte- und Absaugtechnik“ erläutert Jens-Christian Katzschner detailreich auf Seite 28. In seinem Bericht geht er auf die Bedeutung der Patientenposition, die richtige Lichtrichtung, vergrößernde Sehhilfen und die Materialorganisation ein, damit eine reibungslose und für alle Mitarbeiter körperlich schonende Arbeit möglich ist.

Weiter geht es auf Seite 29 mit einem Interview, in dem die Augenoptikermeisterin und Funktionaloptometristin Alexandra Römer erklärt, welche Voraussetzungen vorherrschen müssen, damit ein entlastendes Sehen möglich ist. Sie erläutert, wo die besondere Belastung für die Augen des Zahnarztes liegen, und gibt Tipps, wie man im Praxisalltag die Augen entlastet. Dazu empfiehlt sie eine Übung, die man – wie das tägliche Zähneputzen – zweimal am Tag ausführen sollte.

Zu guter Letzt erklärt auf Seite 30 Prof. Dr. drs. drs. Jerome Rotgans, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Ergonomie in der Zahnheilkunde, warum zahnärztliche Ergonomie mehr ist als die Einnahme und konsequente Beibehaltung einer korrekten Arbeitshaltung am Behandlungsplatz. Und last, but not least möchten wir Sie dazu ermuntern, an einer Online-Studie teilzunehmen, über die wir ebenfalls auf Seite 30 informieren. Die Studie geht der Frage nach, wie es um die Gesundheit derjenigen bestellt ist, die als Zahnärzte, zahnmedizinische Fachangestellte oder Studenten und Auszubildende in dem Bereich arbeiten. Die Resultate sollen Basis für weitere Analysen sein, deren Ziel es ist, die Ergonomie in der Zahnarztpraxis zu optimieren. Das Risiko für muskuloskelettale Erkrankungen soll dadurch nachhaltig sinken, ebenso wie berufsbedingte Arbeitsausfälle oder Frühberentungen.