Quintessenz für das Praxisteam
Wann kommen systemische Antibiotika in der Parodontitistherapie nicht zum Einsatz? Bei leichten, moderaten und lokalisiert schweren Parodontitiden mit langsamem bis mittelschnellem Krankheitsprogressionsrisiko (Parodontitis in Stadium I, II und lokalisiert III, Grade A und B) wird primär mechanisch therapiert.
Wann kommen systemische Antibiotika in der Parodontitistherapie zum Einsatz? Generalisiert schwere Parodontalerkrankungen (Stadium III und IV) bei Patienten bis 56 Jahre, insbesondere bei schneller Progression/hohem Progressionsrisiko (Grad C) und einem Anteil an Taschentiefen ab 5 mm von mehr als 35 %, können zusätzlich mit systemischen Antibiotika behandelt werden, wobei sich die Antibiotikatherapie der mechanischen Reinigung anschließt und über sieben Tage fortgesetzt wird. Erste Wahl ist Amoxicillin 500 mg/Metronidazol 400 mg, je dreimal täglich über sieben Tage. Zweite Wahl ist Metronidazol 500 mg zweimal täglich für sieben Tage. Bei Patienten mit schneller Progression (Grad C), die jünger als 35 Jahre alt sind, sollte eine adjuvante Antibiotikatherapie durchgeführt werden. Für Diabetiker und Raucher gelten keine gesonderten Empfehlungen. Eine Entscheidungsfindung auf Basis von Markerkeimtests wird nicht empfohlen.
Diese Empfehlungen basieren auf der S3-Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO). S3-Leitlinie (Langversion) Adjuvante systemische Antibiotikagabe bei subgingivaler Instrumentierung im Rahmen der systematischen Parodontitistherapie. AWMF-Regist 083-029. November 2018. (1)
Zusammenfassung
Parodontitis, welche eine polymikrobielle Infektionskrankheit darstellt und an deren Entstehung veränderbare und nicht veränderbare Risikofaktoren wie Genpolymorphismen, Stoffwechselerkrankungen, Stress, Fehlernährung und Rauchen beteiligt sind, kann meist effektiv mit etablierten mechanischen und ggf. in Kombination mit probiotischen und ernährungsmodifizierenden Interventionen kontrolliert werden. Wichtiges Ursachengebiet ist der dysbiotische Biofilm, der daher Fokus von Forschungsansätzen war und ist.
Mikrobiomuntersuchungen sind vor allem im Rahmen der Forschung etabliert. Es wurde in der Vergangenheit jedoch viel darüber diskutiert, ob auch vor Therapie einer Parodontalerkrankung eine mikrobiologische Diagnostik in Erwägung zu ziehen sei. Schwere, schnell progrediente und therapieresistente Situationen lassen sich wirksam mit adjuvanten oralen Antibiotika behandeln, was zu einer Reduktion von chirurgischem Behandlungsbedarf führen kann. Antibiotika sollten jedoch gezielt und äußerst kontrolliert eingesetzt werden.
Die mikrobiologische Diagnostik in der Parodontologie kann, insbesondere aufgrund einer Beschränkung auf wenige Markerkeime, nach derzeitiger wissenschaftlicher Datenlage nicht als Grundlage für die Entscheidung über den Einsatz von Antibiotika herangezogen werden. Basis hierfür sollte nach präziser Anamnese und Diagnosestellung primär das klinische Gesamtbild sein, primär Schweregrad und Ausdehnung der Parodontitis (Stadium), bisherige und zu erwartende Krankheitsprogression (Grad) und das Alter des Patienten.
Es bleibt dem Behandler in Absprache mit dem Patienten überlassen, zusätzlich ein Monitoring der Therapie mit Hilfe von Markerkeimtests durchzuführen. Zukünftige Studien sollten neben weiteren Untersuchungen des dysbiotischen parodontalen Mikrobioms mit seiner komplexen Entstehung und vielfältigen Interaktionen auch dessen Funktion einschließlich des Metaboloms sowie die Rolle von Resistenzen und Viren untersuchen. Letztendlich ist eine Erweiterung der klinisch mikrobiologischen Routineuntersuchungsmethoden, mit dem Ziel, evidenzbasierte individualisierte Therapiestrategien einzuführen, erstrebenswert.
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