Quintessenz für das Praxisteam
Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Eine Kindeswohlgefährdung, sei es durch körperliche Misshandlung, Vernachlässigung oder sexuellen Missbrauch, stellt somit einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte eines Kindes dar. Häufig besteht eine Unsicherheit im Umgang mit dem Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung im medizinischen Kontext. Der Artikel gibt einen Überblick über die verschiedenen Formen der Kindeswohlgefährdung und erläutert die Notwendigkeit einer umfassenden Befunddokumentation sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Zusammenfassung
Während unter dem Begriff Häusliche Gewalt Gewaltanwendungen in bestehenden, aufgelösten oder sich auflösenden Partnerschaften zwischen Erwachsenen verstanden werden, beschreibt der Begriff Gewalt in der Familie die besonders schwere Verletzung des Kindeswohls durch physische und psychische Gewaltakte, sexuellen Missbrauch und/oder Vernachlässigung. In den letzten Jahren war ein deutlicher Anstieg der Fälle einer akuten oder latenten (Gefahr nicht ausgeschlossen) Kindeswohlgefährdung, die bei Jugendämtern erfasst und bearbeitet wurden, zu verzeichnen.
Die häufigste Form der Kindeswohlgefährdung ist hierbei die Vernachlässigung, gefolgt von psychischen und körperlichen Misshandlungen sowie dem sexuellen Missbrauch. Die Folgen einer körperlichen Misshandlung sind häufig gut erkennbar und führen auch zu einer Meldung beim zuständigen Jugendamt. Weitaus schwieriger ist die Feststellung der Vernachlässigung, der psychischen Misshandlung und des sexuellen Missbrauchs. Gerade im zahnärztlichen Bereich können die Feststellung einer deutlichen Vernachlässigung der Zahngesundheit mit erhöhtem Kariesrisiko sowie die Verweigerung notwendiger zahnärztlicher Behandlungen einen deutlichen Hinweis auf eine Kindeswohlgefährdung darstellen. Eine definierte Anzahl von kariösen Zähnen, ab der von einer Vernachlässigung gesprochen werden kann, existiert jedoch nicht.
Mit dem Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes im Jahre 2012 existiert eine rechtliche Regelung zum Umgang mit Verdachtsfällen. Jugendämter bieten eine unterstützende Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft an, bei der in pseudonymisierter Form ein Verdachtsfall zunächst diskutiert werden kann. Gleichzeitig gestattet das Gesetz die Weitergabe der persönlichen Daten des betroffenen Kindes in begründeten Verdachtsfällen an das Jugendamt. Hierdurch wurde auch Rechtssicherheit für die behandelnden Zahnärztinnen und Zahnärzte in Bezug auf die Schweigepflicht geschaffen.
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