Bei meinen Beratungen in Zahnarztpraxen kommt es regelmäßig auch zu einer kritischen Betrachtung des Prophylaxekonzeptes. Dabei treffe ich auf Praxen mit einem gut funktionierenden und zufriedenstellenden Konzept, mitunter aber auch auf das genaue Gegenteil mit allen Schattierungen von nicht vorhanden über nicht wirtschaftlich bis ausbaufähig.
Bin ich in einer Praxis, die mit drei Prophylaxemitarbeiterinnen pro Woche 65 Stunden Prophylaxe anbieten kann, dabei aber einen Umsatz von ca. 4.000 € pro Monat erzielt, kann etwas nicht stimmen. Dann geht es auf Ursachensuche, denn es gibt
- Zahnärzte, für die Prophylaxe eher eine Nebenrolle spielt;
- Mitarbeiterinnen, die vom Preis nicht überzeugt sind und sich „schützend“ vor die Patienten stellen;
- Praxen, in denen der Recall nicht funktioniert und
- Praxen, in denen die Termine nicht eingehalten werden.
Das Feld der Ursachen ist ebenso riesig wie vielfältig.
Empfehlungen
Wichtige Themen sind in diesem Zusammenhang die einheitliche Sprachregelung und die einheitliche Führung der Patienten.
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Zur Anmeldung »Wenn ein einheitliches, auf alle Patienten anwendbares Konzept vorliegt, fällt es allen Beteiligten leichter, die Patienten aufzuklären und von der Notwendigkeit der Prophylaxe bzw. Zahnreinigung zu überzeugen. Als ausgesprochen hilfreich empfinde ich dabei die einfache Einteilung der Patienten in drei Risikogruppen in Anlehnung an das Schema der American Dental Association (ADA) und zur Einschätzung des Kariesrisikos in Verbindung mit dem KariesScreenTest® – entstanden aus einer Kooperation zwischen Dr. Lutz Laurisch, der Firma AUROSAN und minilu sowie van der Ven-Dental. Die durchzuführenden individualprophylaktischen Maßnahmen werden danach auf Grundlage einer genauen Diagnose geplant – sie sind sozusagen diagnosebasiert.
Darüber hinaus ist es dann meine Aufgabe, für dieses Konzept Berechnungsempfehlungen zu geben.
In diesem Beitrag stelle ich das Konzept als Symbiose aus ADA und KariesScreen- Test® vor und gebe dazu meine Berechnungsempfehlungen. Dabei konzentriere ich mich auf die erwachsenen Patienten. Das Konzept für Kinder und Jugendliche kann nach demselben Schema entwickelt werden. Siehe hierzu auch den Leitfaden „Qualifizierte Prophylaxe in der Zahnarztpraxis“ (https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/za/ leitfaden_prophylaxe.pdf) bzw. die Information zum KariesScreenTest® auf der Internetseite https://kariesscreentest.de/.
Nachfolgend stelle ich die drei Schemata vor, die den Befund, das individuelle Risiko des Patienten, die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sowie die Berechnungsmöglichkeiten darstellen. Diese Beispiele können so verwendet oder für die eigene Praxis angepasst werden.
1. Niedriges Kariesrisiko
Befund:
- Keine kariösen Läsionen in den letzten drei Jahren
- Angemessen versorgte Zahnflächen
- Gute Mundhygiene
- Regelmäßiger Zahnarztbesuch
KariesScreenTest®:
Geringes Infektionsniveau mit Streptococcus mutans in Verbindung mit geringen Laktobazillenzahlen
Therapie | Berechnung |
---|---|
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen 1 x KariesScreenTest® |
BEMA Nr. 01 GOZ Nr. 0010 Analogberechnung* z. B. GOZ Nr. 1000a + Materialkosten |
Basisprophylaxe (1- bis 2-mal pro Jahr) Mundhygienestatus Aufklärung und Motivierung Lokale Fluoridierung Professionelle Zahnreinigung |
GOZ Nr. 1000/1010 GOZ Nr. 1020 GOZ Nr. 1040 |
Kariesrisikobestimmung alle 3 Jahre | Analogberechnung (s. o.) |
Maßnahmen bei ungenügender Pufferkapazität oder Sekretionsrate | |
Regelmäßige Röntgenkontrolle alle 3 Jahre | Bissflügelaufnahmen BEMA Nr. Ä925a/Rö2 GOÄ Nr. 5000 (2x) |
Regelmäßige Reevaluation der individuellen Karies gefährdung insbesondere bei sich verändernden Lebensbedingungen oder sich verändernden Bedingungen im oralen System | |
Prävention der Wurzelkaries bei freiliegenden Zahnhälsen | BEMA Nr. 10 GOZ Nr. 2010 (je Kiefer) |
* Ein Kariesrisikotest/KariesScreen-Test ist in der GOZ nicht beschrieben und muss daher analog berechnet werden. Die Honorarordnung der Bundeszahnärztekammer für Zahnärzte, die leider nie in Kraft getreten ist, sieht für eine Kariesrisikobestimmung ein Honorar von mindestens 28,30 € vor. Die hier vorgeschlagene GOZ Nr. 1000 für die Analogberechnung ergibt beim Faktor 2,3 ein Honorar von 25,87 € und ist damit durchaus als angemessen anzusehen.
2. Mittleres Kariesrisiko
Befund:
- Eine kariöse Läsion in den letzten drei Jahren
- Freiliegende Zahnhälse
- Mittelmäßige Mundhygiene
- Weiße Flecken und/oder interproxi male Radioluzenzen
- Unregelmäßiger Zahnarztbesuch
- Kieferorthopädische Behandlung
KariesScreenTest®:
Sehr hohes Infektionsniveau mit Streptococcus mutans in Verbindung mit geringen Laktobazillenzahlen oder Geringes Infektionsniveau mit Streptococcus mutans, hohe Laktobazillenzahlen
Therapie | Berechnung |
---|---|
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen in der zahnärztlichen Praxis 1 x KariesScreenTest® |
BEMA Nr. 01 | GOZ Nr. 0010 Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 1000a + Materialkosten |
Basisprophylaxe (2- bis 4-mal pro Jahr), bei anhaltend hohen Laktobazillenzahlen öfter | GOZ Nr. 1000/1010 GOZ Nr. 1020 GOZ Nr. 1040 |
Maßnahmen bei ungenügender Pufferkapazität oder Sekretionsrate | |
Kontrolle auf Wurzelkaries | |
Zusätzlich bei einem geringen Infektionsniveau mit Streptococcus mutans und hohen Laktobazillenzahlen: | |
Kontrolle der Zuckerimpulse und Empfehlung von Zuckeraustauschstoffen | BEMA Nr. 10 | GOZ Nr. 2010 (je Kiefer) |
Untersuchung von Plaqueprädilektionsstellen auf ihren Anteil an Mutansstreptokokken bei nachgewiesener Kariesaktivität (umschriebener demineralisierter Bereich) | |
Applikation von chlorhexidinhaltigen Lacken nötig, alle 8 Wochen bis 3 Monate (40%iger CHX-Lack) 1 x monatlich | Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 2000a* |
Regelmäßige Röntgenkontrollen | BEMA Nr. Ä925a/Rö2 | GOÄ Nr. 5000 |
Prävention der Fissurenkaries | GOZ Nr. 2000 |
Kontrolluntersuchung mikrobiologischer Speichelparameter nach 1/2 bis 1 Jahr | Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 1000a + Materialkosten |
Zusätzlich bei hohem Infektionsniveau mit Streptococcus mutans und geringen Laktobazillenzahlen: | |
Optimale Mundhygiene und Approximalhygiene | |
Kontrolle von freiliegenden Wurzeloberflächen | |
Prävention der Wurzelkaries | Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 2000a* |
Überprüfung auf Gingivitis | BEMA Nr. 04 (PSI) | GOZ Nr. 4005 |
Applikation chlorhexidinhaltiger Lacke in Approximalräume, auf Risikoflächen und Plaqueprädilektionsstellen (Randgestaltung von Restaurationen, morphologische Schwachstellen, Zahnfehlstellungen, defizitäre Mundhygienebereiche [Beeinflussung der Rekolonisierungsgeschwindigkeit]) | Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 2010a |
Durchführung einer Intensivtherapie zur Reduktion kariesrelevanter Keime unter Verwendung einer Applikationshilfe | GOZ Nr. 7000a** | GOZ Nr. 1030 |
Verwendung eines Zinnfluorid-Präparates | Ggf. GOZ Nr. 1020 |
Fissurenversiegelung aller verfärbten oder intakten Fissurensysteme (Entfernung aller Verfärbungen, minimal-invasives Vorgehen) | GOZ Nr. 2000 |
Regelmäßige Röntgenkontrolle | BEMA Nr. Ä925a-d/GOÄ Nr. 5000 |
Kontrolluntersuchung mikrobiologischer Speichelparameter ein halbes Jahr nach Abschluss der Intensivtherapie | Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 1000a + Materialkosten |
* Die Prävention der Wurzelkaries ist in der GOZ nicht beschrieben. Eine Möglichkeit der analogen Bewertung dieser Leistung ist die Berechnung der GOZ Nr. 2000a. Auch in diesem Fall haben wir zur Bewertung auf die von Zahnärzten entwickelte Honorarordnung zurückgegriffen. Dort wird für die Glattflächenversiegelung ein Honorar von mindestens 9,68 € als angemessen angesehen.
** Die Verwendung einer Schiene zur Kariesvorbeugung oder initialen Kariesbehandlung ist in der GOZ unter der Nr. 1030 beschrieben. Die zahnärztliche Leistung im Zusammenhang mit der Herstellung und Eingliederung des Medikamententrägers ist im Leistungstext nicht beschrieben und kann daher, so die Bundeszahnärztekammer in ihrem Kommentar, nach § 6 Abs. 1 GOZ analog berechnet werden.
3. Hohes Kariesrisiko
Befund:
- 2 kariöse Läsionen in den letzten drei Jahren
- Frühere Wurzelkaries oder
- Große Anzahl freiliegender Zahnhälse
- Tiefe Grübchen und Fissuren
- Schlechte Mundhygiene
- Häufiger Süßigkeitenverzehr
- Unzureichende lokale Fluoridanwendung
- Unregelmäßiger Zahnarztbesuch
- Zu geringer Speichelfluss
KariesScreenTest®:
Sehr hohes Infektionsniveau mit Streptococcus mutans in Verbindung mit sehr hohen Laktobazillenzahlen
Therapie | Berechnung |
---|---|
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen in der zahnärztlichen Praxis | BEMA Nr. 01 | GOZ Nr. 0010 Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 1000a + Materialkosten |
Basisprophylaxe (alle 2 Monate) | GOZ Nr. 1000/1010 | GOZ Nr. 1020 |
Professionelle Zahnreinigung (mit CHX-Gel) | GOZ Nr. 1040 |
Kontrolle auf Wurzelkaries | |
Zusätzlich: Optimale Mundhygiene und Approximalhygiene | |
Intensivierte Ernährungsberatung | Analogberechnung z. B. GOÄ Nr. 6190* |
Kontrolle der Zuckerimpulse und Empfehlung von Zuckeraustauschstoffen | |
Kontrolle von freiliegenden Wurzeloberflächen | |
Applikation chlorhexidinhaltiger Lacke in Approximalräume und auf Risikoflächen und Plaqueprädilektionsstellen (Randgestaltung von Restaurationen, morphologische Schwachstellen, Zahnfehlstellungen, defizitäre Mundhygienebereiche [Rekolonisierungsgeschwindigkeit]) | Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 2000a |
Durchführung einer Intensivtherapie zur Reduktion kariesrelevanter Keime unter Verwendung einer Applikationshilfe | GOZ Nr. 7000a + GOZ Nr. 1030 |
Verwendung eines Zinnfluorid-Präparates | Ggf. GOZ Nr. 1020 |
Fissurenversiegelung aller verfärbten oder intakten Fissurensysteme (Entfernung aller Verfärbungen, minimal-invasives Vorgehen) | GOZ Nr. 2000 |
Prävention der Wurzelkaries | Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 2000a |
Überprüfung auf Gingivitis | BEMA Nr. 04 (PSI) | GOZ Nr. 4005 |
Kontrolluntersuchung mikrobiologischer Speichelparameter ein halbes Jahr nach Abschluss der Intensivtherapie | Analogberechnung z. B. GOZ Nr. 1000a + Materialkosten |
Intensivierte Kontrollen der Kariesaktivität und Erfolgskontrolle | BEMA Nr. 01 | GOZ Nr. 0010 |
* Die Kontrolle der Zuckerimpulse und Empfehlung von Zuckeraustauschstoffen ist in der GOZ nicht aufgeführt. Die Verwendung der GOZ Nr. 6190a als Analogleistung ist nur beispielhaft, die zutreffende Wahl der jeweiligen Analogleistung trifft immer der Zahnarzt selbst.
Christine Baumeister-Henning