Pionierarbeit – aber mit Schwächen

pi 2/13 Kommentar zum Artikel von Bastendorf/Bartsch: „Langzeiterfolge der Praxis prophylaxe nach 30 Jahren Recall oder Chinesische Verhältnisse für Deutschland? Eine Antwort an Rüdiger Saekel“ von Rüdiger Saekel, Elmar Reich.

Quintessenz für die Praxis

Bei vorsichtiger Interpretation der begrenzt aussagefähigen deutschen Praxis-Ergebnisse von BASTENDORF und BARTSCH sowie unter Zuhilfenahme der Ergebnisse der BASTENDORFund LAURISCH-Studien und der großräumig realisierten Präventionskonzepte in Schweden, lassen sich zu Erwachsenen folgende vier Schlussfolgerungen ableiten:

  • Es gibt in Deutschland noch ein großes Potenzial zur Zahnerhaltung.
  • Bei systematischer präventiver Betreuung ist es auch in Deutsch land möglich, Zähne bis ins hohe Alter relativ gesund und bis zum 60. Lebensjahr weitgehend zu erhalten. Hinsichtlich des Indikators „fehlende Zähne“ haben aber auch präventiv ausgerichtete deutsche Praxen insbesondere bei älteren Erwachsenen noch ein deutliches Verbesserungs potenzial. 
  • Die BASTENDORF- und BARTSCH-Studie belegt in der Tendenz den Vorteil eines Präven - tionskonzeptes für junge Erwachsene. Inwieweit dies auch für Hochrisikopatienten gilt, muss offen bleiben. Nach den BASTENDORF- und LAURISCH-Studien greift das präventive Praxiskonzept auch bei älteren Erwachsenen. Inwieweit dies ebenfalls für Patienten mit hohem Kariesrisiko gilt, ist unklar.
  • Patienten, die unregelmäßig am Recall-System teilnehmen, haben signifikant geringere Langzeiterfolge als Patienten, die kontinuierlich teilnehmen. Weitgehend ungeklärt ist allerdings in diesen deutschen Studien, wie stark der Einfluss der Parodontitis für die Zahnerhaltung insbesondere bei älteren Patienten ist. Zu Recht werden die von HUGOSON et al. und AXELSSON et al. durchgeführten Präventionsstudien über 30 Jahre als Benchmark für bevölkerungsweit und in der Praxis erzielbare Präventionserfolge angesehen. Die Behauptung der Autoren, mit ihren Untersuchungsergebnissen hätten sie praxisintern den (AXELSSON)-Standard ebenfalls erreicht oder sogar leicht übertroffen, ist allerdings so nicht haltbar, da die untersuchten Altersjahrgänge in mehrfacher Hinsicht unvergleichbar sind und die Zahnverluste im höheren Alter in den Praxen von BASTENDORF und LAURISCH erheblich höher ausfallen.

Summary

The article is a pioneering work with the intention to strengthen the prevention in dental practices. How - ever, the suggestion in the subtitle, there would be a proposal to create Chinese circumstances in Germany, is unfounded. With regard to methods the study population of BASTENDORF and BARTSCH is limited to young adults. Therefore, the outcome of the study can only be interpreted as trends, because of the limitations with respect to the methods and the low number of participants. The author’s conclusions that their preventive practice can reproduce the excellent outcome of the AXELSSON et al. preventive studies is limited to younger age groups. In our opinion the following conclusions are substantiated by their results: There is a high potential for the conservation of teeth in Germany. If young adults get systematic preventive care their teeth remain healthy and there is only limited tooth loss. Whether this is also true for high risk patients is questionable. But the preventive approach is also valid for older pa - tients. However, with respect to the number of missing teeth in older age groups the Swedish studies showed better results. In order to make the results better comparable to other longitudinal clinical studies the methods have to be modified.

Zusammenfassung

Der Beitrag leistet wichtige Pionierarbeit für die Stärkung der Prävention in zahnärztlichen Praxen. Die Unterstellung im Untertitel, es würden chinesische Verhältnisse für Deutschland gefordert, entbehrt allerdings der Grundlage. Inhaltlich beziehen sich die Studienergebnisse bei BASTENDORF und BARTSCH auf junge Erwachsene. Aufgrund methodischer Mängel und geringer Fallzahlen kommt ihnen nur tendenzielle Aussagekraft zu. Die Behauptung der Autoren, ihre Studienergebnisse würden den Ergebnissen der langfristigen Prä - ventionsstudien von AXELSSON et al. entsprechen, gilt nur für junge Erwachsene. Unseres Erachtens lassen die Ergebnisse folgende Schlussfolgerungen zu: In Deutschland besteht ein hohes Potenzial zur Zahnerhaltung. Bei systematischer präventiver Betreuung junger Erwachsener bleiben die Zähne weitestgehend gesund und erhalten. Inwieweit dies auch für Hochrisikofälle gilt, ist nicht nachgewiesen. Das Präven - tionskonzept wirkt grundsätzlich auch bei älteren Patienten. Bezogen auf die Anzahl fehlender Zähne bei älteren Altersklassen weisen die schwedischen Studien bessere Resultate auf. In zukünftigen Studien sollte die Studienmethodik modifiziert werden, um sie besser mit anderen klinischen Studien vergleichen zu können.

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Bild von ArthurHidden auf Freepik