Die prophylaxeorientierte Praxis als „Bremse“ für periimplantäre Erkrankungen

Es ist davon auszugehen, dass eine Welle an periimplantären Erkrankungen auf uns zurollt. Zur Prävention der Erkrankung ist die Mitwirkung einer prophylaxeorientierten Praxis unerlässlich.

Jährlich werden ca. eine Million Implantate inseriert, Tendenz steigend. Laut Derks & Tomasi (1) liegt die durchschnittliche Prävalenz für die periimplantäre Mukositis bei 43 % und für die Periimplantitis bei 22 %. Demnach können wir davon ausgehen, dass eine Welle an periimplantären Erkrankungen auf uns zurollt. Zur Prävention der Erkrankung ist die Mitwirkung einer prophylaxeorientierten Praxis unerlässlich.

Durch die Etablierung eines bakteriellen Biofilmes auf der Implantatoberfläche und weiteren multiplen ätiologischen Faktoren kann eine periimplantäre Mukositis entstehen; diese ist reversibel.

Zu den Hauptrisikofaktoren zählen eine unregelmäßige Nachsorge, eine ungenügende Mundhygiene und parodontale Vorerkrankungen (2).

Es wird angenommen, dass eine periimplantäre Mukositis einer Periimplantitis vorausgeht, insbesondere wenn keine regelmäßige Plaquekontrolle durchgeführt wird. Periimplantitis kennzeichnet sich durch Entzündungen in der periimplantären Mukosa und dem nachfolgenden fortschreitenden Verlust von Stützknochen (3). Folglich kann es zum Implantatverlust kommen. Die Progressionsrate kann vergleichsweise zu einer Parodontitis erhöht sein.

Demnach ist dem Vermeiden einer Biofilmakkumulation eine besondere Bedeutung zuzuordnen. Eine präventionsorientierte Praxis kann ihre Patienten maßgeblich bei der anzustrebenden Implantatgesundheit unterstützen.

Um den maximalen Erhalt von Implantatversorgungen zu erzielen, bedarf es deshalb einer regelmäßigen intensiven Nachsorge, wie auch einer adäquaten häuslichen Biofilmkontrolle.

Doch ist für die stetig wachsende Patientenzahl mit Nachsorgebedarf auch gleichzeitig die notwendige Infrastruktur in der Praxis gegeben?

Eine Zahnarztpraxis mit Prophylaxe-Schwerpunkt sollte verschiedene Voraussetzungen, wie qualifiziertes Fachpersonal, räumliche und zeitliche Möglichkeiten zur Patientenbetreuung und die notwendige Ausstattung, erfüllen.

Das Patienten-Verständnis für die immer wiederkehrenden Kosten und die zeitintensive regelmäßige Nachsorge muss erarbeitet werden. Doch wie gewinne ich das Bewusstsein der Patienten für die unumgängliche Prävention?

Vor der Implantation

Es empfiehlt sich noch vor der Implantat-Insertion mit prophylaktischen Leistungen (professionelle mechanische Plaquereduktion = PMPR) zu beginnen. In diesem Kontext sollten Patienten über das Entstehungsrisiko von periimplantären Erkrankungen aufgeklärt werden, wie auch über die Notwendigkeit der turnusmäßig präventiven Therapie. Das schafft für Patienten mit Implantatwunsch eine Vorstellung für zukünftige Nachsorgesitzungen (Abb. 1).

Des Weiteren kann die Adhärenz des Patienten im Vorfeld abgeschätzt werden. Ein Mangel stellt möglicherweise eine Kontraindikation für eine Implantatversorgung dar.

Mit guten Absprachen zwischen Prophylaxefachkraft (Dentalhygienikerin oder Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin) und Zahnarzt kann sich das Praxisteam kompetent und individuell auf jeden Patienten einstellen. Für anschließende Nachsorgebehandlungen entsteht ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Praxis.

Beeinflussende Risikofaktoren für die Entstehung von periimplantären Erkrankungen sollten schon vor der Implantation erkannt und aufgrund von möglichen Änderungen bei jeder Nachsorge aktualisiert werden.

Risikofaktoren und Intervallbestimmung

Die Häufigkeit der notwendigen Implantatnachsorge, auch unterstützende periimplantäre Therapie (UPIT) genannt, wird durch die beeinflussenden Risiken bestimmt. Die Entstehung von periimplantären Erkrankungen kann sowohl durch lokale (d. h. das Implantat betreffende) als auch systemische (d. h. den Patienten betreffende) Risikofaktoren begünstigt werden (4).

Folgende allgemeinanamnestische Punkte beeinflussen die Intensität der Betreuung und Therapieplanung für den Patienten:

  • schlecht eingestellter Diabetes mellitus
  • Rauchen
  • Medikamente (antiresorptive Therapie mit Bisphosphonaten oder Denosumab, Immunsuppressiva)
  • vorausgegangene Bestrahlungs- oder Chemotherapie.

Lokale Risikofaktoren können folgende sein:

  • parodontale Vorerkrankungen (residuale Taschen, nicht behandelte Parodontitis)
  • Fehlen einer keratinisierten Gingiva/ Weichgewebsdefekte
  • insuffiziente Mundhygiene
  • biologisch und technisch assoziierte Risikokomponenten
  • klinische Entzündungszeichen an der Mukosa/Vorhandensein einer periimplantären Mukositis
  • verminderter Speichelfluss/Xerostomie.

Eine geführte Anamnese-Erhebung ist dabei ein großer Vorteil und ein gezielt geführtes Gespräch mit Patienten kann helfen, systemische Risiken sicher und korrekt zu erfassen und zu analysieren. Der Zahnarzt kann dabei maßgeblich von seiner Zahnmedizinischen Prophylaxeassistentin, Fachassistentin oder Dentalhygienikerin unterstützt werden.

Für das Praxisteam ist die anamnestische Befragung ein erhöhter Zeitaufwand, gleichzeitig macht es auf Patienten einen aufmerksamen und kompetenten Eindruck. Der Patient sollte den Zusammenhang zwischen dem Entstehen einer Periimplantitis und seinen persönlichen ätiologischen Risiken kennen. Der primär zeitlich erbrachte Aufwand zahlt sich für die Praxis in allen Nachfolgesitzungen aus. Implantatgesundheit ist eng an ein Präventionskonzept gekoppelt, ein gut aufgeklärter Patient wird regelmäßig die UPIT wahrnehmen.

Für die periimplantäre Mukositis konnte vornehmlich das Rauchen als unabhängiger systemischer Risikofaktor identifiziert werden (5). Ebenso wird die Entstehung der Periimplantitis insbesondere durch parodontale Vorerkrankungen und das Rauchen (6) begünstigt. Sind im Restgebiss noch residuale Taschen vorhanden, gilt dies als Risiko für eine periimplantäre Infektion. In der UPIT sollten regelmäßig Taschensondierungstiefen aufgenommen werden, um die parodontale Stabilität zu überprüfen oder erneut eine systematische Parodontaltherapie zu intendieren.

Ein weiteres Risiko kann ein verminderter Speichelfluss oder Xerostomie sein. Der Speichel hat protektive Eigenschaften, durch eine geringere Speichelfließrate kann es zu einer erhöhten Plaquebildungsrate kommen.

Auch das Vorhandensein bzw. ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus gelten als ätiologischer Risikofaktor. Im Zusammenhang mit Parodontitis ist ein bidirektionaler Zusammenhang sichergestellt.

Lokale und systemische Risikofaktoren werden als Gesamtpaket betrachtet und geben einen starken Hinweis auf das Intervall der UPIT. Zahnarzt und Prophylaxefachkraft sollten durch gemeinsames Abstimmen und eine Absprache die Nachsorgefrequenz festlegen. Gemeinsam sorgen sie für eine hervorragende Patientenbindung und effiziente Patientenführung. Mögliche Empfehlungen können zwischen 3 und 12 Monaten liegen. Bei fehlenden Risikofaktoren und guter Mundhygiene könnte eine Zeitspanne von 6 bis 12 Monaten indiziert sein. Sobald Risikofaktoren hinzukommen, kann die Nachsorgefrequenz auf 3 bis 4 Monate erhöht werden. Das Intervall sollte individuell an jeden Patienten angepasst werden. Trotz noch limitierter Datenlage zitiert Christgau (7) in seiner Veröffentlichung Montje et al., der ein Recallintervall von höchstens 5 bis 6 Monaten empfiehlt.

Die Fortsetzung erscheint am 23. August - hier auf PI online.

DH Christin Damann
46414 Rhede
E-Mail: christin.damann@gmx.de

Literaturverzeichnis

  • 1. Derks J, Tomasi C. Peri-implant health and disease. A systematic review of current epidemiology. J Clin Periodontol. 2014. Aus S3-Leitlinie DGI, DGZMK: Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten, AWMF-Registernummer: 083-023, Stand: Mai 2016; Gültig bis: Mai 2021.
  • 2. Monje A, Aranda L, Diaz KT, Alarcon MA, Bagramian RA, Wang HL, Catena A. Impact of maintenance therapy for the prevention of peri-implant dieseases; a systemativ review and metaanalysis. J Dent Res. 2016;95:372-97.
  • 3. Schwarz F, Derks J, Monje A, Wang H-L. Peri-implantitis. J Clin Periodontol. 2018;45(Suppl 20):S246-S266.
  • 4. Schwarz F, Becker J. S3-Leitlinie, Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten, AWMF-Registernummer: 083-023. 2016.
  • 5. Renvert S, Polyzois l. S3-Leitlinie, Die Behandlung periimplantärerInfektionen an Zahnimplantaten, AWMF-Registernummer: 083-023. 2014.
  • 6. Heitz-Mayfield LJA. S3-Leitlinie, Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten, AWMF-Registernummer: 083-023. 2008.
  • 7. Christgau M. Unterstützende periimplantäre Therapie. Parodontologie, 2020;31(2):131-46.
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