Zahnmedizinische Prävention der frühkindlichen Karies im BEMA

Wir stellen die Abrechnungsziffern BEMA mit den jeweiligen Abrechnungsbestimmungen vor.

Etwa jedes zehnte Kleinkind im Alter von null bis drei Jahren ist von Milchzahnkaries betroffen; in sozialen Brennpunkten liegen die Prävalenzen bei nahezu 40 %. Anfang des Jahres 2014 haben deshalb die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) und der Bundesverband der Kinderzahnärzte (BuKiZ) gemeinsam und fachübergreifend mit dem Deutschen Hebammenverband (DHV) das gesundheitspolitische Konzept zur zahnmedizinischen Prävention der frühkindlichen Karies vorgestellt.

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Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat im September 2015 die gesetzlich vorgesehene Beschlussfassung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Neufassung der ärztlichen Kinder- Richtlinien genehmigt, die daraufhin zum 1. September 2016 in Kraft getreten ist. Seither enthält das ärztliche Kinderuntersuchungsheft („Gelbe Heft“) für Kinder vom sechsten bis zum 64. Lebensmonat in Form von Ankreuzfeldern insgesamt sechs Verweise vom Arzt zum Zahnarzt. Nun wurde die frühkindliche Prävention auch in der Abrechnung vertragszahnärztlicher Leistungen durch neue Richtlinien und Abrechnungsziffern in der Praxis ermöglicht.

Am 01. Juli 2019 traten die Neufassung der Richtlinie über die Früherkennungsuntersuchungen auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten sowie neue BEMA-Positionen in Kraft.

Danach sind für gesetzlich versicherte Kleinkinder vom sechsten bis zum vollendeten 33. Lebensmonat drei neue zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen (FU 1) vorgesehen. Der Anspruch für Kinder vom 34. (bisher 30.) Lebensmonat bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr bleibt erhalten (FU 2). Die zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen wurden hinsichtlich der zeitlichen Intervalle mit den kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen abgestimmt.

Tab. 1: Auszug aus dem Kinderuntersuchungsheft

U-Untersuchung gemäß Kinderuntersuchungsheft Lebensmonat Verweis zum Zahnarzt
U 5 06.-07. zur Abklärung von Auffälligkeiten an Zähnen und Schleimhaut
U 6 10.-12. zur Abklärung von Auffälligkeiten an Zähnen und Schleimhaut
U 7 21.-24. zur Abklärung von Auffälligkeiten an Zähnen und Schleimhaut
U 7a 34.-36. zur zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung
U 8 46.-48. zur zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung
U 9 60.-64. zur zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchung

Es folgen die neuen Abrechnungsziffern BEMA mit den jeweiligen Abrechnungsbestimmungen:

Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung eines Kindes vom sechsten bis zum vollendeten 33. Lebensmonat

FU 1 (27 Punkte)

Diese zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung kann jeweils einmal abgerechnet werden:

  • a) vom sechsten bis zum vollendeten neunten Lebensmonat
  • b) vom zehnten bis zum vollendeten 20. Lebensmonat
  • c) vom 21. bis zum vollendeten 33. Lebensmonat.

Der Abstand zwischen zwei Früherkennungsuntersuchungen beträgt mindestens vier Monate. Die Untersuchung umfasst folgende Leistungen:

  • Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-‚ Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich Beratung (Inspektion der Mundhöhle)
  • Erhebung der Anamnese zum Ernährungsverhalten (insb. zum Nuckelflaschengebrauch) sowie zum Zahnpflegeverhalten durch die Betreuungspersonen, Ernährungs- und Mund- hygieneberatung der Betreuungspersonen mit dem Ziel der Keimzahlsenkung durch verringerten Konsum zuckerhaltiger Speisen und Getränke auch mittels Nuckelflasche sowie durch verbesserte Mundhygiene. Aufklärung der Betreuungspersonen über die Ätiologie oraler Erkrankungen
  • Erhebung der Anamnese zu Fluoridierungsmaßnahmen und -empfehlungen sowie Empfehlung geeigneter Fluoridierungsmittel (fluoridhaltige Zahnpasta, fluoridiertes Speisesalz u. ä.).

Im gleichen Halbjahr kann eine Leistung nach Nr. 01 nicht abgerechnet werden, im folgenden Kalenderhalbjahr frühestens vier Monate nach Erbringung FU 1.

Praktische Anleitung der Betreuungspersonen zur Mundhygiene beim Kind

FU PR (10 Punkte)

Die Gebühr kann nur im Zusammenhang mit einer der FU 1 a-c-Leistungen abgerechnet werden.

Die beiden Leistungen (FU 1 und FU PR) laufen also parallel zu den ärztlichen Untersuchungen nach den Nrn. U 5 bis U 7. Dabei ist wichtig: Auch ohne Verweis durch den Kinderarzt kann der Zahnarzt diese Untersuchungen veranlassen und abrechnen.

Die ehemalige BEMA-Leistung FU wurde im Zusammenhang mit dieser Novelle neu gefasst.

Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung eines Kindes vom 34. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat

FU 2 (25 Punkte)

Die FU 2 wird vom 34. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat insgesamt dreimal abgerechnet. Der Abstand zwischen den Früherkennungsuntersuchungen beträgt mindestens zwölf Monate. In dem Kalenderhalbjahr, in dem die Nr. FU 2 abgerechnet wird, kann keine Untersuchung nach Nr. 01 abgerechnet werden, wohl aber im folgenden Halbjahr.

Zum Leistungsumfang der FU 2 gehören folgende Maßnahmen:

  • Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich Beratung (Inspektion der Mundhöhle)
  • Einschätzung des Kariesrisikos anhand des dmft-Index
  • Ernährungs- und Mundhygieneberatung der Betreuungspersonen mit dem Ziel der Keimzahlsenkung durch verringerten Konsum zuckerhaltiger Speisen und Getränke und verbesserter Mundhygiene
  • Empfehlung geeigneter Fluoridierungsmittel zur Schmelzhärtung (fluoridiertes Speisesalz, fluoridhaltige Zahnpasta u. ä.) und ggf. Abgabe oder Verordnung von Fluoridtabletten
  • Der Abstand zwischen der letzten FU 1 und der ersten FU 2 beträgt mindestens vier Monate.

Bei den ganz kleinen Kindern zwischen dem sechsten und 72. Lebensmonat wird die Fluoridierung neu bewertet und erhält eine eigenständige – von der IP 4 abweichende – Gebührenziffer:

Fluoridlackanwendung zur Zahnschmelzhärtung

FLA (14 Punkte)

Diese Leistung umfasst die Anwendung von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung einschließlich der Beseitigung von sichtbaren weichen Zahnbelägen und der relativen Trockenlegung der Zähne und kann zweimal je Kalenderhalbjahr abgerechnet werden.

Abrechnungsbeispiele

Florian ist sechs Monate alt. Er kommt zur Früherkennungsuntersuchung. Die Zähne 51, 61, 71 und 81 sind bereits durchgebrochen und werden fluoridiert. Die Eltern erhalten praktische Anleitungen zur Zahnpflege und Ernährung.

Leistung BEMA-Nr. Punkte Honorar GOZ-Nr. Honorar (2,3f.)
Früherkennungsuntersuchung FU 1 a 27 31,32 € 1000a* 25,87 €
Fluoridierung FLA 14 16,24 € 1020 6,47 €
Anleitung der Eltern FU PR 10 11,60 € Ä4 29,49 €
Gesamthonorar     59,16 €   61,83 €

*Eine Früherkennungsuntersuchung ist in der GOZ nicht enthalten, sie wird deshalb analog gem. § 6 Abs. 1 GOZ berechnet.

Louisa ist gerade zwei Jahre alt geworden. Sie kommt zur Früherkennungsuntersuchung. Die Zähne 52-62, 72-82, 53, 54, 63, 64, 73, 74, 83 und 84 sind bereits durchgebrochen und werden fluoridiert. Die Eltern erhalten praktische Anleitungen zur Zahnpflege und Ernährung.

Leistung BEMA-Nr. Punkte Honorar GOZ-Nr. Honorar (2,3f.)
Früherkennungsuntersuchung FU 1 b 27 31,32 € 1000a* 25,87 €
Fluoridierung FLA 14 16,24 € 1020 6,47 €
Anleitung der Eltern FU PR 10 11,60 € Ä4 29,49 €
Gesamthonorar     59,16 €   61,83 €

*Eine Früherkennungsuntersuchung ist in der GOZ nicht enthalten, sie wird deshalb analog gem. § 6 Abs. 1 GOZ berechnet.

Lukas ist fünf Jahre alt. Er kommt zur Früherkennungsuntersuchung. Die Milchzähne sind vollständig vorhanden, die Zähne 36 und 46 sind bereits sichtbar. Alle Zähne werden fluoridiert. Mit Lukas wird das Zähneputzen geübt und darüber hinaus erhalten die Eltern praktische Anleitungen zur Zahnpflege und Ernährung.

Leistung BEMA-Nr. Punkte Honorar GOZ-Nr. Honorar (2,3f.)
Früherkennungsuntersuchung FU 2 25 29,00 € 1000a* 25,87 €
Fluoridierung FLA 14 16,24 € 1020 6,47 €
Anleitung der Eltern **     Ä4 29,49 €
Gesamthonorar     45,24 €   61,83 €

*Eine Früherkennungsuntersuchung ist in der GOZ nicht enthalten, sie wird deshalb analog gem. § 6 Abs. 1 GOZ berechnet. **Die praktische Anleitung der Eltern kann nur neben der Nr. FU 1, d. h. bis zum vollendeten 33. Lebensmonat, abgerechnet werden.

Die Leistungen zur zahnärztlichen Früherkennung und Prävention runden das erfolgreiche IP-Modell ab und können sicher weiter zur Verbesserung der Mundgesundheit unserer Kinder beitragen. Die Investition jetzt rechnet sich in der Zukunft – wohl auch deshalb sind diese Leistungen nicht begrenzt durch den Honorarverteilungsmaßstab.

Christine Baumeister-Henning