Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin

Prophylaxe – ein Zuschussgeschäft?

Beim Thema Prophylaxe/professionelle Zahnreinigung möchte ich mit meinem Beitrag drei Seiten beleuchten.
  • die Bedeutung der Prophylaxe für die Bevölkerung
  • die Kostenseite der Prophylaxe für die Praxis
  • die Erträge und möglichen Mehrerträge der Praxis.

Die gesellschaftliche Seite der Prophylaxe

Die V. Deutsche Mundgesundheitsstudie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) belegt:

  • Acht von zehn der zwölfjährigen Kinder (81 %) sind heute kariesfrei. Die Zahl der kariesfreien Gebisse hat sich in den Jahren von 1997 bis 2014 verdoppelt.
  • Bei den jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) ist die Anzahl der Zähne mit Karieserfahrung seit 1997 um 30 % zurückgegangen (4,9 Zähne).
  • Nur noch halb so viele jüngere Erwachsene (35- bis 44-Jährige) weisen im Vergleich zum Jahr 1997 noch eine Karieserkrankung der Zahnwurzel auf.

Auch die schweren Parodontalerkrankungen haben sich bei den jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) halbiert. Dennoch ist jeder zweite jüngere Erwachsene (52 %) von einer parodontalen Erkrankung betroffen, davon weisen 43,4 % eine moderate Parodontitis und rund jeder Zehnte eine schwere Parodontitis auf.

Entwicklung des DMF-T

Altersgruppe 1997 2014
Kinder
(12 Jahre)
1,7 0,5
Erwachsene
(35-44 Jahre)
16,1 11,2
Senioren
(65-74 Jahre)
23,6 17,7

 

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Mit dieser überaus positiven Entwicklung nimmt Deutschland im internationalen Vergleich derzeit eine Spitzenposition ein. Gleichzeitig ist damit der Erfolg zahnärztlicher Prophylaxe belegt. Präventionsorientierung und Aufklärung sowie damit verbunden die Verbesserung der „dentalen Awareness“ und des Mundgesundheitswissens in der Bevölkerung zahlen sich also offensichtlich aus. Immerhin gibt zum Beispiel jeder vierte jüngere Senior an, regelmäßig eine professionelle Zahnreinigung (PZR) in Anspruch zu nehmen.

Jeder erhaltene Zahn muss nicht durch teuren Zahnersatz ersetzt werden, jeder gesunde Zahn benötigt keine Füllung – Prophylaxe ist damit auch für die Krankenkassen und privaten Kostenerstatter ein Gewinn.

Die Kostenseite der Prophylaxe für die Praxis

Zunächst müssen Sie abschätzen, wie hoch die Kosten einer Betriebsstunde für eine Prophylaxe-Sitzung sind. Sie benötigen für die Prophylaxe ein eigenes Behandlungszimmer mit einer Einheit, mit Möbeln, Mundhygienetrainingsplatz, einer entsprechenden Instrumentenausstattung und möglicherweise elektronischen Hilfsmitteln, wie z. B. eine intraorale Kamera. Darüber hinaus sind bei der Kalkulation noch die variablen Kosten zu berücksichtigen. Hierunter fallen die Personalkosten für die Prophylaxeassistentin, anteilige Personalkosten, Raumkosten, Materialkosten etc.

Im Folgenden eine Beispielrechnung:

Kostenstelle Pro Monat Pro Jahr Anteil in % Anteil Prophylaxe
Einrichtung Prophylaxezimmer*   40.000,00 € 20 8.000,00 €
Kapitaldienst   1.000,00 € 100 1.000,00 €
Ausbildung ZMP/ZMF   10.000,00 € 20 2.000,00 €
Gehalt ZMP/ZMF 2.800,00 € 42.000,00 € 100 42.000,00 €
Lohnnebenkosten (40 %) 1.120,00 € 13.440,00 € 100 13.440,00 €
Gehaltskosten gesamt (ohne ZMP)** 7.333,33 € 88.000,00 € 10 8.800,00 €
Lohnnebenkosten gesamt ohne ZMP(40 %) 2.933,33 € 35.200,00 € 10 3.520,00 €
Raumkosten 3.200,00 € 38.400,00 € 30 11.520,00 €
Wartung/Instandhaltung   6.000,00 € 10 600,00 €
Materialkosten   15.000,00 € 5 750,00 €
sonstige Kosten   140.000,00 € 5 7.000,00 €
Summe       98.630,00 €
kalkulatorischer Unternehmergewinn     35 34.520,50 €
Notwendiger Ertrag       133.150,50 €

* Die Anschaffungskosten für das Prophylaxezimmer werden auf fünf Jahre verteilt, so dass für die Kalkulation für ein Jahr nur 20% der Kosten in die Kalkulation mit einbezogen werden.

** Die Prophylaxe verursacht auch über die Personalkosten der ZMP hinaus weitere Personalkosten. Die Kolleginnen verwalten die Termine, schreiben die Rechnungen, bereiten die Patienten auf die Prophylaxe vor, pflegen die Instrumente, bestellen Materialien etc. Deshalb haben wir in dieser Musterrechnung 10% der anderen Personalkosten mit einbezogen.

Nach dieser Musterrechnung muss mit Prophylaxe also ein Honorar von 133.150,50 € erwirtschaftet werden. Wie viel das nun für Ihre Prophylaxesitzung ausmacht, erfahren Sie mit folgender Rechnung:

Arbeitszeit pro Jahr
in Tagen
260
Urlaub pro Jahr
in Tagen
30
Fortbildung/Krankheit
in Tagen
10
Feiertage 12
verbleiben 208
Arbeitsstunden
pro Arbeitstag
8
Arbeitsstunden
pro Jahr
1.664
Auslastungsgrad 75 %
Produktive Zeit
(Arbeitsstunden)
1.248
Notwendiger
Stundensatz
111,34 €

In unserer Beispielpraxis arbeitet die Prophylaxeassistentin 40 Stunden pro Woche = 8 Stunden pro Tag. Bei kalkulierten 44 Arbeitswochen pro Jahr ergeben sich 1.664 Arbeitsstunden, die jedoch nicht komplett nur für die Behandlung von Patienten angesetzt werden können. Die Prophylaxeassistentin wird weitere Tätigkeiten ausüben wie Materialverwaltung, Organisation, Instrumentenpflege etc. Wir gehen von einem angestrebten Auslastungsgrad von 75 % aus, d. h., für die Prophylaxe stehen pro Jahr 1.248 Stunden zur Verfügung.

Kosten für die Prophylaxestunde

Aus den oben vorgestellten Daten kann nun leicht der Kostenansatz für die Prophylaxestunde ermittelt werden. In unserem Beispiel sind dies 111,34 €. Da der Zahnarzt als Unternehmer auch mit Gewinnerzielungsabsicht tätig ist, kommt zu dem reinen Kostenansatz ein kalkulatorischer Gewinn von 35 % – so wie in der Beispielrechnung aufgeführt.

Verändern sich die Stundenzahl, der Auslastungsgrad oder die Kostenstruktur, muss neu gerechnet werden.

IP-Sitzung bei Kindern und Jugendlichen vom 6. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

Bei der Berechnung der Individualprophylaxe ist die Kenntnis des Stundensatzes hilfreich. Bei gesetzlich versicherten Kindern und Jugendlichen können die IP-Leistungen IP1, IP2 und IP4 einmal pro Halbjahr berechnet werden. Mit diesen Leistungen kann ein Honorar nach folgender Berechnung erwirtschaftet werden (angenommener IP-Punktwert = 1,10 e):

Leistung Punkte Honorar
IP1 20 22,00 €
IP2 17 18,70 €
IP4 12 13,20 €
Honorar   53,90 €

Damit kann unsere Beispielpraxis für eine IP-Sitzung maximal 29 Minuten zur Verfügung stellen.

Für die Fissurenversiegelung ergibt sich folgende Berechnung:

Leistung Punkte Honorar
4 x IP5 64 70,40 €
IP4 12 13,20 €
Honorar   83,60 €

Die Versiegelung von vier Molaren muss wirtschaftlich in 45 Minuten erfolgen.

Für die Entfernung harter und weicher Zahnbeläge an 24 Zähnen (bei einem Privatpatienten) können 19 Minuten veranschlagt werden.

Leistung Einf.-
Satz
Honorar
(2,3)
4050 (18 x) 0,56 € 23,18 €
4055 (6 x) 0,73 € 10,07 €
Honorar   33,26 €

Und so sieht der Ertrag bei der professionellen Zahnreinigung an 24 Zähnen aus:

Leistung Einf.-
Satz
Honorar
(2,3)
1040 (24 x) 1,57 € 86,66 €
2010 (2 x) 2,81 € 12,93 €
Honorar   99,59 €

Die ZMP hat ein Zeitbudget von 54 Minuten für eine PZR.

Die Erträge und möglichen Mehrerträge der Praxis

Hier zeigen wir am Beispiel einer echten Praxis auf, anhand welcher Kennzahlen Sie den wirtschaftlichen Erfolg Ihrer Prophylaxepraxis prüfen können.

Kennzahl Nr. 1: das Verhältnis der GOZ-Nr. 4005 (PSI oder Gingivalindex) zur GOZ-Nr. 0010 (Eingehende Untersuchung)

Die Praxis rechnet in einem Zeitraum von zwölf Monaten 377 eingehende Untersuchungen bei Privatpatienten ab und 90 x die GOZ-Nr. 4005. Damit fällt in dieser Praxis bei jeder vierten Untersuchung ein PSI/Gingivalindex an. Nach der Analyse der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) ist jedoch das Verhältnis nahezu 1:1.

Verhältnis Untersuchung/PSI
  IV. 2017 I. 2018 II. 2018 III. 2018 BZÄK
0010 104 93 83 97 38378
4005 26 23 25 16 33822
Quotient 4,0 4,0 3,3 3,3 1,1

Nach den Abrechnungsbestimmungen der GOZ kann die Nr. 4005 zweimal pro Jahr abgerechnet werden. Würde die Praxis dem Beispiel der BZÄK-Analyse folgen, könnte sie einen Mehrertrag von ca. 2.970 € erwirtschaften.

Kennzahl Nr. 2: das Verhältnis von Zahnreinigungen oder Belagsentfernung (GOZ-Nrn. 4050, 4055, 1040) zu Kontrollen/Nachreinigungen (GOZ-Nr. 4150)

In der Praxis wurden in zwölf Monaten insgesamt 35.302 Zähne entweder professionell gereinigt (GOZ-Nr. 1040) oder es wurden harte oder weiche Beläge entfernt (GOZ-Nr. 4050/4055). Im gleichen Zeitraum wurde die Leistung nach GOZ-Nr. 4150 insgesamt 33 x abgerechnet.

Verhältnis PZR+ZST/Kontrolle
  IV. 2017 I. 2018 II. 2018 III. 2018 BZÄK
1040 8392 8867 6899 9659 1516301
4050 426 283 125 276 510119
4055 15 160 56 144 246809
Zw.-Summe 8833 9310 7080 10079 2273229
4060 12 16 2 3 56819
Quotient 736,1 581,9 3540,0 3359,7 40,0

Damit ergibt sich, dass z. B. im Quartal III.2018 auf 3.360 Zähne, die gereinigt wurden, eine Kontrolle anfällt. Die BZÄK ermittelt hier einen Quotienten von 40:1. Eine Angleichung an den Durchschnittswert der BZÄK macht einen Mehrertrag von ca. 803 € aus.

Kennzahl Nr. 3: Steigerungssatz bei der professionellen Zahnreinigung

Die Praxis rechnet die GOZ-Nr. 1040 (professionelle Zahnreinigung) mit einem durchschnittlichen Steigerungsfaktor von 1,54 ab. Die gleiche Leistung wird nach der GOZ-Analyse mit einem durchschnittlichen Steigerungsfaktor von 2,27 abgerechnet. Die Praxis erwirtschaftet mit der GOZNr. 1040 ein Honorar von rund 82.000 €. Eine Anhebung auf den Durchschnittsfaktor der BZÄK würde ein Honorar von ca. 120.821 € ergeben, d. h., allein in der GOZNr. 1040 versteckt sich ein Potenzial von etwa 38.000 €.

In Summe haben wir in dieser Praxis, die es tatsächlich gibt, nur mit diesen drei Kennzahlen einen möglichen Mehrertrag in Höhe von etwa 41.773 € ermittelt. Unsere Empfehlung hier: Überprüfung des Prophylaxekonzepts, der Leistungen, Inhalte und Preise, Entwicklung eines wirtschaftlichen Prophylaxekonzepts und einer gemeinsamen Kommunikationsstrategie, um den Patienten die Veränderungen überzeugend zu vermitteln.

Christine Baumeister-Henning