Lachendes Baby

Mit sauberem Mund von Anfang an gesund bleiben

Eine gute Mundhygiene schützt nicht nur vor Karies und Parodontitis, sondern auch vor systemischen Erkrankungen. Der Grundstein wird schon bei werdenden Müttern und im frühen Kindesalter gelegt. Praktische Erfahrung und aktuelle Forschung zeigen, wie dies im Detail funktioniert.

Eine saubere, gesunde Mundhöhle könnte schon im Kindesalter das spätere Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen senken. In einer finnischen Kohortenstudie mit 755 Probanden hatten kariesaktive Kinder oder solche mit gingivaler Entzündung im Erwachsenenalter häufiger verdickte Gefäßwände (Atherosklerose der Arteria carotis) (1). Diese gelten als Zeichen eines erhöhten Herzinfarktrisikos. Eine andere Studie zeigt, dass Kinder mit früher Karies als Erwachsene eine schlechtere durchschnittliche Lebensqualität aufwiesen (2). Beide Untersuchungen wurden auf mögliche verzerrende Faktoren wie Familieneinkommen oder Zahnfehlstellungen kontrolliert. Die Ergebnisse sind angesichts der aktuell in Deutschland hohen Kariesprävalenz im Milchgebiss problematisch (3).

Um Kinder von Beginn an optimal zu schützen, sollten werdende Mütter bereits vor der Geburt auf ihre eigene Mundgesundheit achten (4). Sind das mikrobielle Mundmilieu (Mikrobiom) und das Parodont gesund, entfällt ein möglicher Risikofaktor für Frühgeburten und ein reduziertes Geburtsgewicht (5). Wer sicher gehen möchte, lebt daher gesund und betreibt eine möglichst optimale Mundpflege. So zeigt eine systematische Literaturauswertung, dass der Biofilm mit elektrischen Zahnbürsten signifikant wirksamer kontrolliert wird als mit manuellen (6). In Bezug auf Gingivitis traf dies nur bei Schallzahnbürsten zu, nicht bei rotierend-oszillierenden. Die ebenso wichtige interdentale Reinigung reduziert den Anteil parodontal-pathogener Bakterien und damit eine zentrale Erkrankungsursache für Parodontitis (7).

 

Schwangere können mit einer Mundhygiene nach dem Stand der Technik bereits zur oralen und Allgemeingesundheit ihrer Kinder beitragen
Schwangere können mit einer Mundhygiene nach dem Stand der Technik bereits zur oralen und Allgemeingesundheit ihrer Kinder beitragen
(Foto: Philips)

 

 

Kinderpass, Ernährung, Fluorid

Nach der Geburt gibt es seit 2019 für die ersten drei Lebensjahre zusätzliche Frühuntersuchungen, einschließlich einer Elternberatung zur Kariesprävention. An erster Stelle steht dabei eine geeignete Ernährung (Stillen, keine zuckerhaltigen Ersatznahrungen oder Getränke), bis zum Zahndurchbruch ergänzt durch D-Fluoretten. Anschließend kommt die lokale Fluoridierung hinzu, umgesetzt über das Zähneputzen und bei Bedarf zusätzlich mit Fluoridlack (8). Da Mundhygiene nie perfekt und die Fluoridzufuhr wichtig sind, sollte dreimal täglich geputzt werden, gegebenenfalls einmal in der Kindertagesstätte.

Prima putzen lernen

Die Fähigkeit, Zähne weitgehend von Biofilm und Plaque zu befreien, ist trotz Mundhygiene-Training auch bei 12-Jährigen begrenzt (9). Was Hänschen oder seine Schwester als Kinder lernen, haben zudem beide als Erwachsene längst vergessen. Der Übergang ins Erwachsenenalter ist tatsächlich kritisch und Jugendliche haben häufig wenig Interesse für ihre Mundgesundheit (10). Andererseits haben eine im Kindesalter erlernte gesunde Lebensweise und ein entsprechendes Mundhygieneverhalten erfahrungsgemäß eine langfristige Wirkung. Bei letzterem geht es nicht primär um eine spezielle Putztechnik, sondern um die regelmäßige und systematische Reinigung mit ausreichender Dauer (11).

Da Zähneputzen den meisten Menschen, vor allem aber kleineren Kindern, selten Spaß macht, sind daran geknüpfte Rituale wie Vorlesen vor dem Schlafengehen wichtig. Hilfreich können zudem schon bei kleinen Kindern mobile Apps sein, die für elektrische Zahnbürsten erhältlich sind (zum Beispiel Sonicare-App for Kids, Philips). Studien zeigen, dass auf Spielen basierende Programme sowohl das mundhygienebezogene Wissen der Mütter als auch die Putzergebnisse von Kindern zwischen 3,5 und 6 Jahren verbessern (12). Hilfreich ist auch Anfärben der Plaque mit Tabletten, Lösungen oder speziellen Zahncremes (Mara Expert).

 

In der Sonicare-App for Kids gibt es viel zu entdecken – Zahnputzschule und Belohnungsfunktionen inklusive
In der Sonicare-App for Kids gibt es viel zu entdecken – Zahnputzschule und Belohnungsfunktionen inklusive (Foto: Philips)

 

Elektrische Zahnbürsten werden für Kinder etwa ab dem dritten Lebensjahr empfohlen. Studien sprechen dafür, dass die erreichbaren Ergebnisse besser sind als mit Handzahnbürsten (13, 14). Akzeptiert werden elektrische Zahnbürsten altersbedingt ebenso gut wie oder sogar besser als Handzahnbürsten. Individuelle Vorlieben sind jedoch wie bei Erwachsenen durchaus unterschiedlich.

Problemzonen und kieferorthopädische Prävention

Viele Kinder zwischen dem 6. und 9. Lebensjahr erreichen beim Putzen nicht alle Zahnbereiche. Vor allem linguale Flächen und Molaren werden häufig vergessen. Dies gilt nach einer an deutschen Universitäten durchgeführten Videostudie sowohl für manuelle als auch für elektrische Zahnbürsten (15). Entsprechend ist bei jeder Prophylaxe-Sitzung in der Praxis ein Mundhygiene-Training notwendig und bei jüngeren Kindern bis zirka zum 9. Lebensjahr muss zuhause nachgeputzt werden, gegebenenfalls nur noch gezielt in den Problembereichen. Auch bei Erwachsenen helfen Apps, die vollständige Reinigung aller Mundbereiche sicherzustellen. Neue Produkte registrieren neben der Putzdauer die bereits geputzten Bereiche, auch unabhängig von einer geöffneten App (zum Beispiel Sonicare 9900 Prestige).

Zurück zum Thema Prävention von Beginn an: Gute Prävention im frühen Kindesalter kann auch dafür sorgen, dass keine kieferorthopädische Behandlung erforderlich wird (16). Werden Milchzahnverluste vermieden, geht kein Platz für bleibende Zähne verloren und das Risiko für Engstände oder alveoläre Entwicklungsdefizite sinkt.

 

Kinder spielen leidenschaftlich, testen gern Neues und haben meist auch Freude an altersgerechten elektrischen Zahnbürsten
Kinder spielen leidenschaftlich, testen gern Neues und haben meist auch Freude an altersgerechten elektrischen Zahnbürsten (hier: Sonicare for Kids, Philips)
(Foto: Dr. Andreas Benecke)

 

Brackets hydrodynamisch sauber halten

Ist doch eine festsitzende Behandlung erforderlich, kann eine mangelhafte Mundhygiene bekanntlich zu White Spots und kariösen Defekten führen. Im Vergleich zu einer Handzahnbürste plus Zahnseide reduzierten eine Sonicare Schallzahnbürste mit speziellem Bürstenkopf (Intercare) und ein interdentales Reinigungsgerät mit Mikrotröpfchen-Technologie (Airfloss, Philips) den Biofilm und die gingivale Blutung signifikant wirksamer (17). Dabei spielt wahrscheinlich der hydrodynamische Effekt der Schallzahnbürste eine Rolle, durch den die Mundflüssigkeit beim Putzen in die Interdentalräume dringt (18). Auch das in der Zahncreme enthaltene Fluorid gelangt besser in schwer zugängliche Bereiche (19).

Zur Reinigung der Interdentalräume gibt es alternativ speziell für Brackets entwickelte Zahnseide (zum Beispiel Gum Ortho). Mit so genannten Brush Sticks (dm Drogeriemarkt), die primär für Interdentalräume vorgesehen sind, lassen sich Speisereste von den Brackets entfernen. Grundsätzlich sinnvoll ist es, wie sonst bei erhöhtem Kariesrisiko regelmäßig mit fluoridhaltiger Lösung zu spülen.

Und schließlich können digitale Hilfsmittel auch bei Jugendlichen helfen, den Plaque-Index zu verbessern (20).

Professionelle Prophylaxe und spezielle Patienten

Als professionelle Maßnahmen sind bei Kindern ab Grundschulalter regelmäßige Prophylaxe-Sitzungen mit Mundhygiene-Training und Biofilm-Management angezeigt (21). Diese sollten je nach Kariesrisiko alle drei bis sechs Monate stattfinden. Bei Verwendung der Guided Biofilm Therapy (EMS Dental) mit Airflowing müssen orthodontische Bögen vor der Reinigung nicht entfernt (ausligiert) werden (22). Zudem gelingt die Reinigung erfahrungsgemäß effektiver und schneller als mit konventionellen Methoden (rotierende Bürstchen und Paste).

Besonders wichtig sind Mundhygiene und Prävention bei Kindern mit speziellem Betreuungsbedarf. Dazu gehören geistige und körperliche Behinderungen ebenso wie Erkrankungen und Syndrome, zum

Beispiel Autismus, Sehbehinderungen oder Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (23-25). Je nach Situation kann hier der gute Reinigungseffekt der relativ einfach anzuwendenden Schallzahnbürsten hilfreich sein und die jungen Patienten oder betreuenden Personen bei der täglichen Mundhygiene unterstützen. Eindeutige Empfehlungen für Hilfsmittel sind der Literatur bisher nicht zu entnehmen (26).

 

Der hydrodynamische Effekt von Schallzahnbürsten kann im Wechselgebiss mit seinen unregelmäßigen Zahnreihen und zahlreichen Nischen hilfreich sein
Der hydrodynamische Effekt von Schallzahnbürsten kann im Wechselgebiss mit seinen unregelmäßigen Zahnreihen und zahlreichen Nischen hilfreich sein
(Foto: Dr. Andreas Benecke)

 

Fazit

Eine gesunde Ernährung und gute Mundhygiene helfen schon bei den Jüngsten, die spätere Mund- und allgemeine Gesundheit zu sichern. Einen wichtigen Beitrag leistet auch die werdende Mutter. Moderne Hilfsmittel wie Schallzahnbürsten und Mikrotröpfchen-Geräte für die Interdentalreinigung sorgen ab zirka drei Jahren für eine besonders wirksame Entfernung des Biofilms. Dadurch wird einerseits gingivale Entzündung vermieden oder reduziert und andererseits über einen besseren Zugang von Fluorid zur Zahnoberfläche das Kariesrisiko gesenkt. Professionelles Mundhygiene-Training sollte zuhause durch Zahnputzrituale (bei den Kleinsten), Anfärben und Apps (jeweils für alle Altersstufen) ergänzt werden.

 

Literaturverzeichnis:

1. Pussinen PJ, Paju S, Koponen J, Viikari JSA, Taittonen L, Laitinen T, et al. Association of childhood oral infections with cardiovascular risk factors and subclinical atherosclerosis in adulthood. JAMA Network Open. 2019;2:e192523-e192523.

2. Kragt L, van der Tas JT, Moll HA, Elfrink ME, Jaddoe VW, Wolvius EB, et al. Early caries predicts low oral health-related quality of life at a later age. Caries Res. 2016;50:471-9.

3. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege DAJ. Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 2016. In: Team DAJ Greifswald, Berg B, Gabler S. Landesarbeitsgemeinschaften für Jugendzahnpflege, editor. 2016.

4. Opacic J, Maldonado A, Ramseier C, Laugisch O. Einfluss der Parodontitis auf Schwangerschaft und Geburt. Swiss Dent J. 2019;129:581-9.

5. Ye C, Katagiri S, Miyasaka N, Kobayashi H, Khemwong T, Nagasawa T, et al. The periodontopathic bacteria in placenta, saliva and subgingival plaque of threatened preterm labor and preterm low birth weight cases: a longitudinal study in Japanese pregnant women. Clin Oral Invest. 2020.

6. Wang P, Xu Y, Zhang J, Chen X, Liang W, Liu X, et al. Comparison of the effectiveness between power toothbrushes and manual toothbrushes for oral health: a systematic review and meta-analysis. Acta Odontol Scand. 2020;78:265-74.

7. Bourgeois D, Bravo M, Llodra JC, Inquimbert C, Viennot S, Dussart C, et al. Calibrated interdental brushing for the prevention of periodontal pathogens infection in young adults – a randomized controlled clinical trial. Sci Rep. 2019;9:15127.

8. Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege DAJ, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde DGKJ, et al. Empfehlung zur Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter – Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. 2021.

9. Deinzer R, Cordes O, Weber J, Hassebrauck L, Weik U, Krämer N, et al. Toothbrushing behavior in children - an observational study of toothbrushing performance in 12 year olds. BMC Oral Health. 2019;19:68.

10. Leary SD, Do LG. Changes in oral health behaviours between childhood and adolescence: Findings from a UK cohort study. Community Dent Oral Epidemiol. 2019;47:367-73.

11. Schlüter N, Müller M, Ganß C. Mundhygiene – alle wissen Bescheid? Prophylaxe Impuls. 2019;23:174-83.

12. Zolfaghari M, Shirmohammadi M, Shahhosseini H, Mokhtaran M, Mohebbi SZ. Development and evaluation of a gamified smart phone mobile health application for oral health promotion in early childhood: a randomized controlled trial. BMC Oral Health. 2021;21:18.

13. Davidovich E, Shafir S, Shay B, Zini A. Plaque removal by a powered toothbrush versus a manual toothbrush in children: a systematic review and meta-analysis. Pediatr Dent. 2020;42:280-7.

14. Purushotham PM, Rao A, Natarajan S, Shrikrishna SB. Comparison of the efficacy of parental brushing using powered versus manual tooth brush: A randomized, four-period, two-treatment, single-blinded crossover study. J Indian Soc Pedod Prev Dent. 2021;39:95-100.

15. Ganss C, Duran R, Winterfeld T, Schlueter N. Tooth brushing motion patterns with manual and powered toothbrushes-a randomised video observation study. Clin Oral Invest. 2018;22:715-20.

16. Wagner Y, Knaup I, Knaup TJ, Jacobs C, Wolf M. Influence of a programme for prevention of early childhood caries on early orthodontic treatment needs. Clin Oral Invest. 2020;24(12):4313-24.

17. Nammi K, Starke EM, Ou SS, Ward M, Jenkins W, Milleman JL, et al. The effects of use of a powered and a manual home oral hygiene regimen on plaque and gum health in an orthodontic population. J Clin Dent. 2019;30:A1-8.

18. Schmidt JC, Walter C. Putzen ohne zu putzen? Hydrodynamische Effekte von Schallzahnbürsten. Parodontologie. 2019;30:171-80.

19. Sjogren K, Lundberg AB, Birkhed D, Dudgeon DJ, Johnson MR. Interproximal plaque mass and fluoride retention after brushing and flossing – a comparative study of powered toothbrushing, manual toothbrushing and flossing. Oral Health Prev Dent. 2004;2:119-24.

20. Sarwer-Foner SND, Barasuol JC, Vieira RS. Impact of social media on the oral hygiene habits of children and adolescents: a randomized controlled clinical trial. Gen Dent. 2021;69:70-6.

21. Axelsson P, Lindhe J, Waseby J. The effect of various plaque control measures on gingivitis and caries in schoolchildren. Community Dent Oral Epidemiol. 1976;4:232-9.

22. Dos Santos Leite S, Fagundes NC, Aragón ML, Dias CG, Normando D. Cleansing orthodontic brackets with air-powder polishing: effects on frictional force and degree of debris. Dent Press J Orthod 2016;21:60-5.

23. Chua H, Sardana D, Turner R, Ting G, Ekambaram M. Effectiveness of oral health education methods on oral hygiene in children and adolescents with visual impairment: A systematic review. Int J Paediatr Dent. 2021 Mar 17. doi: 10.1111/ipd.12788.

24. Rodrigues R, Fernandes MH, Monteiro AB, Furfuro R, Silva CC, Mendes J, et al. Oral hygiene of children with cleft lip and palate: Efficacy of the cleft toothbrush – A designed add-on to regular toothbrushes. Int J Paediatr Dent. 2019;29:213-20.

25. Balian A, Cirio S, Salerno C, Wolf TG, Campus G, Cagetti MG. Is visual pedagogy effective in improving cooperation towards oral hygiene and dental care in children with autism spectrum disorder? A systematic review and meta-analysis. Int J Environ Res Public Health. 2021;18:789.

26. Lai YYL, Zafar S, Leonard HM, Walsh LJ, Downs JA. Oral health education and promotion in special needs children: Systematic review and meta-analysis. Oral Dis. 2020;20(11). doi: 10.1111/odi.13731